Auszug aus Björn von Rosens Buch "Mitt hundliv" (1959)
Während meiner Schulzeit in den zwanziger Jahren weilte ich in den
Sommerferien oft zu Besuch bei einem Kameraden, dessen Vater ein
Anwesen in Västergötland besass. Auf den Strassen, die am Hof
vorbei führten und die Ortschaften Tråvad, Kvänum, Jung
und Edsvära verbanden, fuhren oft Pferdegespanne vorbei, und ihnen
voraus sprang manchmal ein kleiner Hund eines Typs, den ich noch nie
irgendwo gesehen hatte: ein kurzbeiniger Hütehund mit spitzen
Ohren, kurzer Rute und einem freundlichen und aufgeweckten Ausdruck.
Diese Hunde gehörten ganz offenbar zu den Spitzhunden. Sie sahen
sich alle vollkommen ähnlich, glichen jedoch keiner bekannten
Hunderasse. Erst später, als ich den englischen Pembroke Welsh
Corgi kennen lernte, sah ich eine erstaunliche Übereinstimmung im
Typ. Über die mögliche Verwandschaft der beiden Rassen, eine
Verwandtschaft die gegebenenfalls sehr lange zurück reichen
würde, gibt es bereits etwas Literatur.
Meine Erkundigungen bei den älteren Westgotländern meines
Bekanntenkreises brachten viele Hinweise auf das Vorkommen dieser
ansprechenden Hunde in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. In
den achtziger Jahren schienen sie in der ganzen Ebene des Bezirks
Skaraborg verbreitet gewesen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt gab es in
Schweden noch keine Welsh Corgis.
Als ich dem kynologisch versierten Carl Leuhusen von diesen Hunden
erzählte, war er sofort interessiert und konnte hinzufügen,
dass es auf dem Bäckaskog Schloss in Skåne (Schonen) sogar
bis zu jüngster Zeit einen Stamm kurzschwänziger Hunde eines
ähnlichen Typs gegeben habe. Es war also möglich, dass die
Rasse früher weiter verbreitet war. Aber die meisten
Zeugenaussagen stammten aus der Ebene von Västergötland und
es ging deutlich hervor, dass die Rasse hauptsächlich in der
Umgebung von Vara auftrat.
Västergötland
Ich gab in der Västgöta-Presse ein Inserat auf, worin ich
die Hunde beschrieb und um Auskunft bat, wo sie noch zu finden waren.
Unter den Antworten stammte die vielversprechendste von K.G.
Zetterstén, einem Lehrer der Volkshochschule in Vara, also genau
im Zentrum des Distriks, wo der Hund 20 Jahre früher offenbar am
zahlreichsten vorkam. Er habe selbst in den letzten Jahren hie und da
gesehen, wie diese Hunde ihren Besitzern zu den Märkten in Vara
folgten. Durch frühere Schüler hatte er gute Verbindungen zu
den Landdistrikten und anerbot seine Hilfe bei der Nachforschung.
Zusammen mit Zetterstén machte ich im Sommer 1942 eine Reihe
von Velotouren zu kleinen Bauernhöfen in der Vara-Ebene; wir
folgten den Spuren, die wir mündlich oder schriftlich auf das
Inserat erhalten hatten. Mehrere verliefen erfolglos - in der Gegend
befanden sich nun mehrheitlich Hütehundkreuzungen, besonders mit
Collie oder Spitz. Aber die eine oder andere Spur führte in die
richtige Richtung. Ich spüre immer noch die Freude, die in mir
hochstieg, als wir beim Landwirt Andersson auf dem Nils Ers-Hof in Vara
von unseren Fahrrädern stiegen. Der kleine Hund, der uns an der
Seite seines Besitzers entgegen blickte, war ein perfektes Exemplar
seiner Rasse. Es war eine zwölfjährige Hündin namens
Topsy. Wegen ihres Alters kam sie als Zuchthündin nicht mehr in
Frage, aber sie hatte etliche Nachkommen in der Umgebung und vom Nils
Ers-Hof führten mehrere wertvolle Spuren. Unter allen
Umständen hatten wir grosses Glück, dass wir so schnell auf
ein so überzeugendes Exemplar gestossen waren. Vor allem Topsy
diente als Modell, als ich den "Vorschlag zu einem Rassestandard
für den Västgötspets" schrieb, den ich zusammen mit
einer Reihe Fotos, die wir auf unseren Velotouren gemacht hatten, an
den Schwedischen Kennel-Klub schickte.
Damals war das Interesse des Kennel-Klubs leicht geweckt. Die Besitzer
der besten Hunde wurden eingeladen, auf Kosten des Klubs mit ihren
Hunden auf der Herbstausstellung in Göteborg teilzunehmen. Es war
eine kleine Gruppe, denn es war uns nur gelungen, einen Rüden und
vier Hündinnen aufzutreiben, die vom Typ her ganz rein waren, ohne
sichtliche Einwirkung anderer Rassen. Im Vergleich mit den beiden
besten Hündinnen, Topsy und ihrer Tocher Vivi, wirkte der
Rüde, "Mopsen", etwas plump, derb und nicht sehr gut gebaut, aber
es bestand kein Zweifel, dass es sich um einen echten
Västgötaspets handelte. Sein Wesen war eindwandfrei:
fröhlich, lebhaft und furchtlos und trotz seiner etwas spitzen
Schnauze wirkte er auffallend maskulin. Die Gruppe machte einen grossen
Eindruck und war die Sensation der damaligen Ausstellung in
Göteborg.
Vivi, Tochter von Topsy
Mopsen
Kurz darauf (1943) wurde der Västgötaspets offiziell als
Rasse anerkannt. Mein Freund K.G. Zetterstén, inzwischen Rektor
der Volkshochschule in Vara, schuf als Züchter, Mentor und
Ratgeber eine solide Grundlage für die weitere Entwicklung der
Rasse. Der Västgötaspets hat sich seither anzahlmässig
nicht so stark entwickelt wie der Jämthund (schwedischer Elchhund;
erst 1946 als eigenständige Rasse anerkannt), dafür ist er
möglicherweise einheitlicher im Typ. Am meisten verbreitet ist er
immer noch in Westschweden, vor allem in Västergötland.